Die Ausstellung „Der ewige Kaiser“ im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek präsentiert die Höhepunkte einer umfangreichen Sammlung und dokumentiert zugleich die politische Propaganda, die mit den Bildern des Kaisers schon zu seinen Lebzeiten betrieben wurde und die bis heute im Habsburg-Mythos nachwirkt. Heute befinden sich mehr als 10.000 Fotografien, Grafiken, Bücher, Zeitschriften und Lebensdokumente Franz Josephs in der Österreichischen Nationalbibliothek. Als der Habsburger Kaiser am 21. November 1916 starb, war sein allgegengewärtiges, scheinbar zeitloses Gesicht das einzig bindende Symbol des zerfallenden Habsburgerreiches. 2016 jährt sich zum 100. Mal der Todestag von Kaiser Franz Joseph I.
Privatbibliothek des Kaisers und der Familienbibliothek
Aus der Privatbibliothek des Kaisers und der Familienbibliothek stammen wertvolle Geschenke, Bücher und Zeitschriften, vor allem aber Fotografien und Grafiken, die Zeugnis geben von der Loyalität und bisweilen unreflektierten Verehrung, die der Kaiser gegen Ende seines Lebens erfuhr. Persönliche Objekte aus den Nachlässen von Katharina Schratt und Erzherzogin Maria Theresia von Braganza sowie Schreiben Franz Josephs an seine Mutter Sophie und an seine Gattin Elisabeth erlauben einen Blick auf die Persönlichkeit hinter der höfischen Fassade. Erstmals öffentlich zu sehen sind dabei die 2015 entdeckten Abschiedsbriefe von Mary Vetsera aus Mayerling, die 1889 gemeinsam mit Kronprinz Rudolf Selbstmord beging.
Entwicklung von Franz Joseph vom Baby bis zum Greis
Optischer Höhepunkt der Schau „Der ewige Kaister“ ist die 10 Meter lange Bildwand mit 86 Porträts aus 86 Lebensjahren: Beim Gang durch den Prunksaal kann man Franz Josephs Entwicklung vom Baby bis zum Greis nachvollziehen und gleichzeitig die wichtigsten Stationen seines politischen Lebens Revue passieren lassen:
- Die Revolution von 1848
- Die Schlacht von Königgrätz 1866
- Die Gründung der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie
- Den mühsamen Weg bis zur Einführung des allgemeinen Männerwahlrechts 1907
- Verhängnisvolle Entscheidung für jenen Krieg, der als Erster Weltkrieg den Untergang des Habsburgerreiches besiegeln sollte.
Die Ausstellung ist damit zugleich eine kritische Bilanz seines politischen Lebens.
Die Erziehung Erzherzog Franz Josephs
Franz Joseph I. wurde am 18. August 1830 als Erzherzog Franz Joseph Karl von Österreich in Schönbrunn geboren. Bei der Erziehung überließen seine Eltern Erzherzog Franz Karl und Prinzessin Sophie Friederike von Bayern nichts dem Zufall. Einer jahrhundertelangen Tradition folgend, begann bereits im Kleinkindalter ein dreistufiges Erziehungsprogramm, das den erstgeborenen Sohn auf seine künftige Stellung vorbereiten sollte. Die Kontrolle über diese Erziehung hatte seine Mutter Sophie. Gemeinsam mit Freiin Louise von Sturmfeder sorgte sie beispielsweise dafür, dass der Bub vom Dienstpersonal auf Ungarisch und Tschechisch angesprochen wurde.
Als Franz Joseph sechs Jahre alt war, begann mit dem Privatunterricht der zweite Erziehungsabschnitt. Für ihn wurde ein Plan für alle Ausbildungsjahrgänge zusammengestellt, der oft mehr als 50 Stunden pro Woche vorsah. Besonders die dritte Phase der Erziehung war auf die zukünftige Herrschaft angelegt:
- Unterricht von sieben Sprachen
- Die als „Statistik“ bezeichnete Landeskunde
- Militärische und juridische Ausbildung
Die Auswahl der Lehrer wurde jetzt in erster Linie von Fürst Metternich getroffen, der den Erzherzog auch in Politik und Staatsführung unterrichtete. Die letzten Fächer – Kriegsgeschichte, Strategie und vergleichende Heeresorganisation – konnten nicht mehr abgeschlossen werden: Die Revolution von 1848 und Franz Josephs Thronbesteigung am 2. Dezember desselben Jahres waren dazwischen gekommen.
In der Privatbibliothek des Kaisers sowie in der Familien-Fideikomissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen – beide sind heute Teil der Österreichischen Nationalbibliothek – finden sich berührende Dokumente aus dieser Zeit: erste Schreibübungen, Prüfungsantworten und Lehrpläne, aber auch Skizzen des jungen Erzherzogs. Franz Joseph erhielt nämlich über sieben Jahre lang Unterricht im künstlerischen Zeichnen. Seine bevorzugten Sujets waren dabei militärischer Natur: Uniformen, Adjustierungen und Kämpfe. Aber auch einige Karikaturen von Hofbediensteten und skurrile Gestalten in Zivil oder Uniform sind darunter, mit denen er seinen jüngeren Bruder Ferdinand Maximilian zu erheitern versuchte.
Das Bild von Kaiser Franz Joseph in der Öffentlichkeit
Franz Joseph war von Kindheit bis zu seinem Tod eine öffentliche Figur. Bereits im ersten Lebensjahr und immer mit dem Gedanken an die zukünftige Herrschaft ließ seine Mutter Sophie den jungen Erzherzog zeichnen. Ab seinem Regierungsantritt 1848 porträtierten ihn Lithografen und die bekanntesten Maler Wiens wie etwa Ferdinand Georg Waldmüller oder Peter Fendi. In den 1860er-Jahren trat neben die klassischen Bildkünste das neue Medium der Fotografie. Hoffotograf Viktor Angerer fertigte das im Prunksaal ausgestellte Foto der „Allerhöchsten Kaiserfamilie“ an: Dabei handelt es sich um das einzige bekannte Foto des Kaisers, das ihn gemeinsam mit seiner Ehefrau Elisabeth und ihren Kindern Gisela und Rudolf zeigt. Alle anderen Bilder sind Collagen, die im Umlauf waren, um ein intaktes Bild der kaiserlichen Familie zu vermitteln. Bei dieser wie bei fast allen Aufnahmen trägt er eine Uniform, denn ein Kaiser lässt sich nicht in ziviler Kleidung ablichten.
Mit dem Aufstieg der Fotografie wurde Franz Joseph zu einem Medienstar. Dies zeigte sich vor allem zu seinem 50- und 60-jährigen Regierungsjubiläum 1898 und 1908 sowie bei seinem 80. Geburtstag 1910: Eine bis dahin nicht gekannte Menge an Bildern entstand und wurde durch die illustrierte Presse, aber auch durch das neue Medium der Bildpostkarten weit verbreitet. Die Ausstellung dokumentiert eindrücklich anhand wertvoller Originale, wie auf diese Weise bereits im 19. Jahrhundert das zeitlose Bild des Kaisers entstand. Zur Zeitlosigkeit beigetragen hat auch und vor allem sein Markenzeichen: der Backenbart. Ab den 1850er-Jahren trug er ihn bis zu seinem Tod stets auf die gleiche Weise.
Eintritt & Öffnungszeiten
Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek
Josefsplatz 1, 1010 Wien
Dauer: 11. März – 27. November 2016
Dienstag – Sonntag 10 – 18 Uhr / Donnerstag 10 – 21 Uhr
Sommeröffnungszeiten: Juni, Juli, August, September täglich 10 – 18 Uhr, Donnerstag 10 – 21 Uhr
Eintritt 7 Euro. Kinder und Jugendliche unter 19 Jahren haben freien Eintritt in alle musealen Bereiche.
Quelle & Fotos Österreichischen Nationalbibliothek